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Die andere Seite …

Ganz oft im Leben lernen wir neue Menschen kennen. Sie treten in unser Leben, erzählen uns ihre Geschichte. Sie berichten von ihren Erfahrungen, manchmal auch von ihren Sorgen und Problemen. Sie erzählen uns von der ehemals besten Freundin oder dem Ex-Partner, mit dem man im Streit auseinanderging, weil viele Dinge passiert waren. Wir hören zu und in uns zeichnet sich ein Bild von der uns gegenübersitzenden Person. Unser Inneres meldet sich mit Mitgefühl und Empathie, wir können uns in den anderen hineinversetzen, ihn verstehen und seine Sorgen oder auch seine Wut nachempfinden. Wir wenden uns ihm zu und können eine Verbindung spüren, wir werden vielleicht sogar Freunde.
Auch von ihren Konfliktpartnern wird ein Bild in uns gespeichert. Wir bekommen eine Vorstellung von der ehemals besten Freundin oder dem Ex-Partner. Wir fragen uns vielleicht wie wir in einer ähnlichen Situation reagiert hätten und was wir eventuell anders gemacht hätten. Wir reflektieren manchmal sogar mit dem Freund, bringen ihn auf neue Gedanken und können als Außenstehender sogar die Wogen glätten.
In gar nicht so seltenen Fällen – wir nennen es Zufall – bekommen wir die Gelegenheit und lernen den oder die Konfliktpartnerin unseres Freundes kennen, erkennen sie oder ihn aber nicht gleich als diesen.
Wir kommen in Kontakt und hören uns auch hier seine Geschichte an. Wir erfahren etwas über seine Vergangenheit, seine Sorgen und Probleme, vielleicht auch etwas über die ehemals beste Freundin oder den Ex-Partner. Wir können nachempfinden wie es ihm geht und es entsteht eine Verbindung.
Was passiert, wenn wir dann erst erkennen, dass wir die andere Seite bereits kennen? Müssen wir uns nun entscheiden? Hatten wir denn nicht schon ein Bild von dem “Anderen”? Das kann doch kein Zufall sein! – Nein, ist es auch nicht!
Solche Erfahrungen machen wir alle. Wir fragen uns, welche Seite denn nun die Wahrheit sagt und wir spüren in uns ein komisches Gefühl, dass uns vielleicht sagt, dass wir doch nicht beide Seiten verstehen können. – Doch wir können. Es ist eine bewusste Entscheidung.
Wir können erkennen, dass die Erfahrungen, die die beiden Konfliktpartner gemacht haben, ihre eigenen Erfahrungen sind. Beide haben das Gleiche erlebt, jedoch subjektiv unterschiedlich empfunden. Manchmal fragen sie sich auch, ob sie denn wirklich zur selben Zeit am selben Ort waren! – Ja, waren sie!
“Die Erinnerung ist ein Produkt der Gegenwart!” – nicht woran wir uns zu erinnern glauben ist die Realität, sondern wie wir es heute sehen ist das, was als “Erinnerung” in unserer Gegenwart auf uns wirkt und unser gegenwärtiges Fühlen und Handeln beeinflusst.
Daraus entsteht welchen Wert wir unserem Erlebten beimessen und welche Bedürfnisse dadurch geweckt werden. Dadurch entsteht unsere Emotion zu unserer Erinnerung.
Doch was bedeutet dies nun für uns? Es bedeutet, dass wir entscheiden können, wie wir uns an etwas erinnern. Es ist unsere Entscheidung, welche Emotionen wir dazu haben und wie viel Gewicht das Erlebte haben darf.
Wir alle haben die gleichen Bedürfnisse, wir wollen gesehen, angenommen, geliebt und verstanden werden. Wir wollen uns selbst verwirklichen und auch dazu gehören. Wir wollen uns sicher und geborgen fühlen.
Wenn wir erkennen, dass wir das Gleiche wollen, ist die andere Seite gar nicht so schwer zu verstehen.

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